Mit dem Thema Macht habe ich mich ehrlich gesagt bisher noch nicht wirklich befasst. Zumindest nicht bewusst. Mit Blick auf bestehende und neue Formen von Organisationen ist es aber ganz spannend sich dem Thema Macht mal bewusst zu widmen.
Macht ist für mich persönlich etwas sehr Dominantes und Herrschendes. Und ich würde der folgenden Definition von Max Weber erstmal so zustimmen:
"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht." (Weber, 1985, S. 28).
Personen mit Macht können sich über andere Personen hinwegsetzen und einen Machtmissbrauch ausüben. Macht erlangt man durch eine gewisse Position, Funktion, Wissen, Vermögen oder Fähigkeiten. Wenn mich jemand bitten würde eine mächtige Person zu skizzieren, würde ich einen Herrscher, wie beispielsweise Caesar darstellen, der über seine Untertanen regiert.
Wenn ich genau hinschaue begegnet mir Macht relativ häufig, sogar alltäglich in unterschiedlichen Kontexten: In der Kirche, in der Politik, im beruflichen Kontext und sogar innerhalb der Familie. Unterschiedlich erleben wir wie Macht ausgeübt wird. Jede/r würde wahrscheinlich zustimmen, dass er oder sie schon einmal einen Machtmissbrauch gesehen, erlebt oder ausgeübt hat. Als Beispiele fallen mir da ein: Die Führungskraft, die den Urlaub des Mitarbeitenden ohne jegliche Begründung nicht genehmigt. Die Eltern, die gegen den Willen des Kindes, das Kind zu Bett bringen. Die Kinder, die ihre Eltern dazu bringen ihnen alles zu kaufen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben.
Das Phänomen Macht scheint somit immer allgegenwärtig zu sein und ist wohl in jeder zwischenmenschlichen Beziehung wiederzufinden. Aber gibt es nur diese Form von Macht, wo einer seinen Willen trotz dem Widerstreben der anderen Person durchgesetzt bekommt?
Wie sieht es mit dem Thema Macht in Gemeinschaften aus, die nicht hierarchisch sondern auf Augenhöhe zusammen leben und arbeiten? Was passiert in dieser Gemeinschaft mit der Macht?
Ich vermute, dass auch hier unbewusst die Macht, wie sie Max Weber beschreibt, ausgeübt werden kann. Wenn jedoch ein bewusster und (selbst)reflektierter Umgang mit Macht stattfindet, glaube ich, dass ein anderes Erleben von Macht in dieser Gemeinschaft existieren kann. Hierzu finde ich die Definition von Hannah Arendt zum Machtbegriff sehr passend:
"Macht entspringt der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln. Über Macht verfügt niemals ein Einzelner; sie ist im Besitz einer Gruppe und bleibt nur solange existent, als die Gruppe zusammenhält" (Arendt 2000, S. 45).
Hier entsteht Macht nicht durch den Willen und das Handeln eines Einzelnen. Die Macht wird hier erzeugt durch die Absicht, das Handeln und das Resultat einer ganzen Gemeinschaft. Als Beispiel fällt mir hier die Bewegung ‘Fridays For Future‘ ein. In dieser ist sichtbar: Alle Beteiligten handeln für einen gemeinsamen Sinn und Zweck (Purpose). Sie identifizieren sich mit diesem, übernehmen dafür die Verantwortung, richten ihr Handeln danach aus und jede/r leistet einen Beitrag dazu. Die Haltung und Fokussierung aller Beteiligten auf eine gemeinsame Vision sowie das gemeinsame Handeln erzeugen die Macht der Gemeinschaft. Dies trifft nicht nur auf ‚Fridays For Future‘ zu, sondern auf alle Gemeinschaften und Organisationen, die auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Mit Blick in die Zukunft würde ich mir wünschen, dass es weniger Machtmissbrauch gibt und Organisationen und insbesondere unsere Gesellschaft vielmehr auf Augenhöhe zusammenlebt und arbeitet mit einem gemeinsamen Sinn und Zweck und einem gemeinschaftlichen Erleben von Macht und Wirkung.
Für diesen Blogbeitrag haben mich folgende Quellen inspiriert:
- Arendt, H. (2000): Macht und Gewalt. München, Zürich: Piper. 14. Auflage.
- Kiechle, S. (2020): Dienende Macht. In: Neue Caritas. Ausgabe Juni 2020.
- Laloux, F. (2015): Reinventing Organizations. München: Vahlen.
- Weber, M. (1921): Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen: Mohr Siebeck.
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